Neben Gefühlsduselei und Herumgepose beim Baden im Meer war in meinem Esperanto-Urlaub auf Sardinien natürlich noch mehr los. Eine Sache, die ich mal wieder so richtig genossen habe, war als DJ zu arbeiten.
Es war zwar nur an zwei Abenden, aber das reichte vollkommen aus, um meine Eitelkeit zu befriedigen und mein Selbstwertgefühl zu befeuern. Eine dritte Gelegenheit am letzten Abend ließ ich aus, obwohl sowohl Publikum als auch einer der italienischen DJs wollte, dass ich auflege. Mir war das aber schon zu spät, um noch anzufangen (weit nach 1 Uhr), weil ich noch mit einigen Leuten reden und dann früh ins Bett gehen wollte (der Bus nach Alghero würde um 9 Uhr abfahren, und unter 6 Stunden Schlaf ist es immer bei mir kritisch).
Bei zwei Gelegenheiten vor meinen eigentlichen Einsätzen als DJ habe ich auf Anregung einer charmanten Dame zweimal eine La-Bamba-Runde nur mit eigenem Gesang und Ukulele zustande gebracht. (Wie man in Esperantujo La Bamba tanzt, das ist eine eigene Erzählung. Nur soviel: Es hat mit Küssen zu tun und macht viel Spaß.)
Mein erster Abend als DJ ging ebenfalls mit über einer Stunde Verspätung los, weil es dauerte, die Technik bereitzustellen. Dann flutschte es aber, innerhalb weniger Lieder hatte ich die Tanzfläche gefüllt und die Leute gaben alles. Ich wusste, dass mich der italienische DJ recht früh ablösen wollte, so dass ich mich nicht allzu lange bei einem Stil aufhielt, sondern alle wichtigen Lieder auflegte, die ich in meiner ersten Nacht unbedingt bringen wollte. Nach etwa einer Stunde und zehn Minuten war denn auch schon Feierabend für mich, aber in dieser Zeit hatte ich die Meute gut gerockt und für viele glückliche Gesichter gesorgt. Und genau das ist es, was das DJ-Dasein für mich ausmacht: Einen wesentlichen Teil zur Stimmung beitragen, dafür sorgen, dass sich Leute kennenlernen und am besten ein wenig näherkommen können. Wenn das klappt, ist es konform zu den drei Motiven, die mich antreiben (einen Unterschied machen, etwas in den Herzen der Menschen bewegen und gut genug für etwas sein).
Es geht kurioserweise nicht um die Technik oder dass man selbst der größte oder besser als alle anderen ist. Im Gegenteil, am schönsten finde ich es immer, wenn ein anderer DJ Musik auflegt, die mir gut gefällt, so dass ich dann selbst auf der Tanzfläche so richtig abrocken kann.
Einen Abend später lief der Transport der Technik reibungsloser ab und ich fing gegen Mitternacht an. Diesmal probierte ich einige Lieder aus, die ich kurz vor der Reise noch gekauft hatte (ganz altmodisch in einem Gebraucht-CD-Laden). Auf dem Höhepunkt des Abends erschien mir die Stimmung noch besser als vorher und die Tanzfläche noch voller, dann leerte es sich innerhalb weniger Lieder jedoch zusehends, so dass ich weder eine La-Bamba-Runde noch ein langsames Lied (wie gesagt: das Ziel ist näher kennenlernen…) bringen konnte. Anscheinend machte sich nun bemerkbar, dass die Leute seit Beginn des Abends hochprozentige alkoholische Getränke konsumiert hatten und nun aus verschiedenen Gründen flach lagen. (Spätere mündlich durchgeführte Untersuchungen erhärteten diesen Verdacht.)
Ich fand es zwar etwas schade, dass fast niemand mehr zum Reden da war (das musste ich dann einen Tag später am letzten Abend nachholen), konnte aber ansonsten zufrieden mit dem Abend sein. Immerhin hatte ich länger als die meisten anderen durchgehalten.
Hier ein Lied, das ich kurz vor dem Treffen gekauft habe und das sich als echter Knaller erwies! Das wird ab jetzt in meinem engeren Repertoire sein für die multilinguale Disco.
Rhythms del mundo: 36grad (feat. 2raumwohnung)
DJ sein ist für mich in den letzten 20 Jahren immer ein Quell von Lebensfreude gewesen. Oft genug war auch Frust und Enttäuschung im Spiel, aber ich habe gerade in den letzten Jahren gemerkt, wie ich an dieser Aufgabe gewachsen bin. Der Grund, warum ich das nicht bereits erwähnt habe, als ich über meine Träume geschrieben habe, ist ganz einfach: Ich bin bereits als Jugendlicher recht spontan zu meinem ersten Abend als DJ gekommen, das heißt es wurde bereits Realität, bevor ich mich lange danach sehnen konnte (das tue ich jedoch bis heute, wenn die Pause zwischen zwei Möglichkeiten zum Auflegen zu lang wird). Das zeigt, dass es noch mehr sehr wichtige, prägende Dinge im Leben gibt außer den eigenen Träumen, und dass einige tolle Sachen passieren können, von denen ich mir nie hätte vorstellen können, dass sie so toll sein würden.