„Here we stand /
Or here we fall /
History won’t care at all“
– Queen: Hammer To Fall
Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Fünf Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:
Zuletzt habe ich hoffnungsvoll über die bessere Jahreshälfte gebloggt sowie darüber, endlich wieder unterwegs zu sein, meine besten Freunde wiederzusehen, Jahrestage und Phantomschmerzen, was ich bin und was nicht, wie die Energie langsam zurückkommt sowie die Fragen, wo ich hingehe und ab wann es schiefging in meinem Leben.
Ich kann im Grunde genau da anknüpfen, wo ich letzte Woche aufgehört habe: Es ist nicht nur so, dass ich selbst auf die Vergangenheit blicke. In den letzten Wochen ist es fast, als würden einige Jahre meiner Vergangenheit zu mir sprechen. Und zwar nicht voller Zorn oder Traurigkeit – sondern gütig und ruhig und zum Teil mit Ernst und Eindringlichkeit.
2014 flüstert mir zu: „Weißt Du noch, als Du aus allem ausgebrochen bist und Du erfahren hast, dass Du ein viel besserer und liebenswerterer Mensch bist, als Du jemals von Dir dachtest? Das ist noch gar nicht so lange her. Worauf wartest Du diesmal?“
2011 hat einen ernsten, aber auch feierlichen Klang in der Stimme: „Du warst geschlagen und fast am Ende, aber Du hast nicht aufgegeben. Obwohl Du keine Kraft und keine Hoffnung mehr hattest, hast Du Dich noch einmal selbst erfunden und dabei erfahren, dass Du ganz anders sein kannst, als Du bislang glaubtest. Und als Du die Chance hattest, da hast Du Dich wie ein echter Ritter verhalten. Du warst in schlechterer Lage als heute und hast Dich durch alles durchgekämpft. Wann kämpfst Du wieder für das, was zählt?“
1999 ruft mir laut und rebellisch zu: „Du hättest auf Nummer Sicher gehen können, aber Du hattest verstanden, dass Du endlich einmal etwas wagen musstest. Du hast in kurzer Zeit mehr Abenteuer erlebt und mehr über das Leben und Dich selbst gelernt als in den vielen Jahren zuvor. Du hast nicht auf Veränderung gewartet, sondern sie selbst geschaffen. Was hast Du jetzt zu verlieren, um wieder Abenteuer zu suchen?“
1996 spricht ganz gelassen, aber mit einer ungebrochenen Freude: „Du brauchtest keine Angst vor einer neuen Umgebung und Lebenssituation zu haben. Du gingst nicht unter. Es war noch so viel zu entdecken. Erst in der neuen Freiheit konntest zu zeigen, was wirklich in Dir steckt. Suche die Freiheit! Sie wird Deine Rettung sein.“
1989 dröhnt vor Donner: „Du hattest gelernt, wie die Welt in zwei Lager geteilt war. Das war schon 40 Jahre so – warum sollte es sich jemals ändern? Doch dann brachen in wenigen Wochen alle Grenzen und Schranken zusammen, und diejenigen, die größere Träume gehabt hatten, bekamen recht. Du wolltest nie einem System dienen, das schlecht für die Menschen war. Erinnere Dich daran.“
1983 spricht warm und nostalgisch: „Du warst noch ein Kind, aber die große Friedensdemonstration hat Dich auf immer geprägt. Den Friedensaktivisten war es egal, dass sie für naiv oder gefährlich gehalten wurden, denn sie taten, was sie für richtig hielten. Es ist wichtig, für Deine Prinzipien und Werte einzustehen und mit Deinem Herzen in Einklang zu leben.“
Ich habe erst beim Aufschreiben gemerkt, dass mich das ein weiteres Mal an den Film Dragonheart erinnert. Ritter Bowen ist nach einer tiefen menschlichen Enttäuschung verbittert. Vieles Gute, das er lange Jahre verkörpert hat, schläft tief in ihm. Es braucht erst einige Freunde, damit er sich wieder an sich selbst erinnert.
Dragonheart – Der Kodex
Ich halte das für die wichtigste Tugend eines Ritters: Nicht alles alleine aus dem Hier und Jetzt ableiten – das ist für erbsenzählerische Krämer, die möglichst jedem Risiko aus dem Weg gehen wollen – sondern eine Vision von etwas größerem zu haben, ein Ideal, das man anstrebt.
Ich glaube, das ist es, was die Vergangenheit mir sagen will. Ich kann noch so viel mehr sein als das, was ich gerade bin. Ich möchte nicht, dass eine schwere menschliche Enttäuschung meinen weiteren Lebensweg bestimmt und wie ich auf das Leben schaue.
Ich habe im neuesten Schritt der Operation Augias einige alte USB-Sticks, die ich ohnehin nicht mehr benutze und deren Verlässlichkeit ich nicht mehr traue, durchgeguckt, neu formatiert und letztendlich 4 von 5 weggeworfen. Das war nicht immer leicht, denn auf einigen waren auch Erinnerungen an bessere Zeiten. Auch darum ist es wichtig, dass vergangene Jahre positiv zu mir sprechen.
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