Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Acht Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:
Zuletzt habe ich darüber gebloggt, wie der Groove nach zwei Jahren zurückkam, Selbstliebe statt Angst, wie ich Ostern nicht alleine war, einen zweiten Lernerfolg in diesem Jahr, wie ich an einem Tag mit dem Fahrrad ans Meer und zum Flughafen fuhr, ein Wochenende in Frankfurt sowie meinen Aufenthalt in Paris.
Es geht weiter mit den ereignisreichen Wochen. Letzten Mittwoch abend gewann Eintracht Frankfurt die UEFA Euro League – und den ersten internationalen Titel seit 42 Jahren. Ich habe woanders mehr darüber geschrieben.
Ein Ergebnis des Abends: Von ihren Gefühlen völlig übermannte Fans und Journalisten. Wie der sichtlich erneut den Tränen nahe Philipp Hofmeister es bei Fußball 2000 beschrieb: „Die Sterne standen so. Es sollte so sein.“
Ähnlich wie damals beim Weltmeistertitel 2014 habe ich mich gefragt, ob das nicht eine gute Gelegenheit wäre, im eigenen Leben etwas zu verbessern.
Es ging munter weiter mit den ungewöhnlichen Ereignissen. Am Donnerstag traf ich im Rahmen einer Veranstaltung eine charmante Dame wieder, die ich am 1. April beim Amsterdam Language Café kennengelernt hatte. Wir haben uns drei Stunden lang unterhalten. Wann habe ich das zum letzten Mal gemacht? Uns gingen nie die Themen aus. Das Gespräch schien so leicht zu fließen. Ich konnte mich sogar dahingehend öffnen, dass ich – ähnlich wie in meinem Traum zum neuen Jahr – erzählen konnte, was ich vermisse in meinem Leben und was ich bereit bin zu tun, um das zu ändern.
Nach dieser Begegnung – ohne jegliche romantischen Ambitionen – war ich wie elektrisiert. Ich kann mit jemandem ein tiefsinniges Gespräch führen und viele Facetten meiner Persönlichkeit zeigen, ohne dass es schwermütig oder angespannt wird. Das ist doch großartig! Und wenn ich so sehr davon gesprochen habe, Veränderung in mein Leben zu bringen, dann soll es das alleine noch nicht gewesen sein.
Ich habe daher den nächsten Schritt der Operation Augias ausgeführt und einige Sachen zur Umweltstraße gebracht. Dann habe ich noch ein Paar Schuhe entsorgt (Sohle durchgelaufen) und mir gleich Ersatz besorgt, da ich ansonsten keine leichten Schuhe mehr habe. Diesmal ging das leichter als beim letzten Mal. Ich war im nachhinein überrascht davon, wie effizient und effektiv ich das angepackt habe.
Schmerzhaft war dagegen der Abschied von meiner geliebten Lederjacke der Marke Giorgio, Größe 50. Ich hatte die Mitte 2009 gekauft, in etwa zu der Zeit, als ich dieses Blog reservierte. Ein heißer Spätsommer verfärbte das Leder. Ich sammelte dennoch später Komplimente von Mann und Frau für die Jacke ein. Letztes Jahr ging dann der Reißverschluss entgültig kaputt. Klar, vielleicht hätte ein Schneider das noch einmal reparieren können. Aber an einigen Stellen war das Innenfutter schon seit Jahren aufgerissen. Die Jacke würde sich nicht einmal mehr in einer Kleidersammlung gut machen. Ich hing nur noch aus zwei Gründen an ihr: Sie saß gut und sie erinnerte mich an alte Zeiten, in denen ich glücklicher war und mir weniger gehorsam vorkam. Ganz ehrlich: Das kann zurückkommen. Es war nicht die erste Lederjacke in meinem Leben und muss nicht die letzte sein. Vielleicht wird die nächste schwarz, das würde mir noch besser gefallen. Anstatt die Asche anzubeten, sollte ich lieber das Feuer neu entfachen!
Als dieser Entschluss am Sonntag feststand, machte ich mich auf eine letzte Radtour mit der Jacke. Ein letztes Mal schnell fahren und die Luft, die Sonne und den Wind spüren! Eigentlich sollte es nur zu meiner Stammeisdiele gehen. Aber dann dachte ich mir: Das ist schon die Hälfte des Weges bis zum Meer. Den Rest schaffe ich auch noch. Diesmal kenne ich schließlich den Weg!
Und so kam ich tatsächlich in Zandvoort an. Was beim letzten Mal ein Novum war, wie ein kleines Abenteuer schien, das hatte ich drei Wochen später einfach so mal eben geschafft.
Das Meer hatte wieder seine magische Wirkung auf mich. Ich fühlte mich frei. Ich nehme das als wichtigen Hinweis mit, dass ich die richtige Umgebung brauche, um mich gut zu fühlen und wirklich etwas ausstrahlen zu können.
Zwar habe ich kein perfektes Foto vom Sonnenuntergang, aber das machte mir nichts: Ziel ist es nicht, auf Anhieb das perfekte Foto zu machen. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass es mehr Gelegenheiten gibt, ein gutes Foto zu machen. Dann brauche ich keine Angst zu haben, eine Chance zu verpassen.
Gestern habe ich die Jacke dann entsorgt. Es war emotional schwieriger als beim Wintermantel oder beim Schreibtischstuhl. Was habe ich mit dieser Jacke alles erlebt, von tollen Momenten bis zu bittersten Niederlagen! Mir ist inzwischen jedoch klar geworden, dass ich vorangehen möchte in meinem Leben, und dass ich mir nicht selbst untreu werde, wenn ich alte Sachen loswerde.
Die Operation Augias ist noch lange nicht am Ende. Durch die kleinen Erfolge bin ich jetzt deutlich zuversichtlicher, dass ich wieder mehr Ordnung in meinen Alltag bringen kann und bereit sein werde für Veränderung, wenn sie kommt.