Die Zeit ist immer begrenzt. Dementsprechend musste ich mir schon seit einigen Monaten überlegen, wie ich nach der Auszeit weitermachen wollte. Wie sähe eine ideale Zeit danach aus?
Im Gespräch hatte ich das schon einmal grob ausgemalt: Am liebsten wäre ich in einer großen Stadt. Die würde mir abends noch etwas bieten können und hätte ein abwechslungsreiches kulturelles Programm. Das war eine wichtige Erfahrung in dem Jahr vorher, das ich in Hamburg verbracht habe und das ich auch privat genutzt habe, um mich wieder hochzuarbeiten.
Eine internationale Großstadt hätte zudem wahrscheinlich einen Flughafen. Von da aus könnte ich etwa wieder nach Budapest reisen oder in ein neues Land, das sich noch nicht auf meiner Liste befindet – selbst, wenn es „nur“ ein (verlängertes) Wochenende sein sollte. Sich solche Freiheiten zu erkämpfen, ist natürlich nicht das Hauptziel des Berufs, es macht das Leben aber viel angenehmer und gibt einem zusätzliche Kraftreserven. Unrealistisch ist das nicht: Die Reisen in sechs Länder 2013, die ich erstaunlicherweise geschafft habe, waren das, was mir so gut getan hat, und die mir überhaupt den Weg gewiesen haben für das Jahr Auszeit. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne wieder ein internationales Projekt haben, bei dem ich meine Sprachkenntnisse anwenden und erweitern könnte.
Anfang des Jahres auf dem Esperantotreffen kam dann das übliche Thema auf: Wohin würden die Reisen 2015 gehen? Diesen Sommer gibt es sogar eine große Veranstaltung mehr in Europa. Mir wurde dabei schmerzlich bewusst, dass meine Optionen dieses Jahr deutlich eingeschränkter sein würden als 2014, denn das Jahr Auszeit würde Ende März zuende gehen. Da das Treffen in Italien über Ostern auf die erste Aprilwoche´fallen würde, wäre es unwahrscheinlich, dass ich teilnehmen könnte – nach einem Jahr frei erst einmal wieder Urlaub nehmen zu können klingt doch etwas unwahrscheinlich.
In der ersten Januarhälfte machte sich dann eine gewisse Reisemüdigkeit bemerkbar. Nach der sehr guten Länderbilanz 2014 hatte ich plötzlich wenig Lust, sofort wieder loszupreschen, und das, obwohl ich doch die letzten drei Monate gut nutzen wollte. Noch viel erstaunlicher war, dass ich auch in Münster wenig Lust hatte, Sachen zu unternehmen, die ich sonst mit ausreichend Zeit sehr genieße – etwa tanzen zu gehen, Cafés zu besuchen, mal wieder länger in Läden zu stöbern oder musikalisch aufzutreten. Wenn man von einem Treffen mit einer Freundin mal absieht und einigen kleineren Einkäufen, war ich ein richtiger Stubenhocker. Die Akzente haben sich verschoben. Was geblieben ist, ist die Motivation, erneut nach Budapest zu kommen (wo ich seit Sonntag abend wieder bin). Ansonsten herrschte das Gefühl vor: Es ist alles schön, aber ein Stück weit ist es jetzt auch gut gewesen.
In dieser Stimmung erreichte mich die Anfrage meines Arbeitsgebers, ob ich bereit wäre, wieder früher einzusteigen, zum Beispiel Anfang Februar. Die noch ausstehenden zwei Monate Auszeit könnte ich ja zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Das Projekt wäre in einer internationalen Großstadt mit Flughafen und es wären vermutlich auch interkulturelle Kompetenzen gefordert.
Das klang zu gut, um es abzulehnen. Irgendwann wäre es so gekommen, dass ich wieder arbeiten müsste – jetzt hätte ich in vielen Teilen das, was ich mir als günstige Bedingungen vorgestellt hatte. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, wenn man sofort wieder gebraucht wird. Das zeigt, dass man nach einigen Monaten Pause nicht „weg vom Fenster“ ist.
Bock auf Arbeit hatte ich sowieso schon, wie man an meiner Übersetzungsarbeit für WordPress auf Esperanto (und WordPress.com-Themes) sieht. Da spielten Organisation, Termine halten, über die Arbeit kommunizieren, an einem internationalen Projekt teilnehmen und sich in eine neue Umgebung einzuarbeiten ebenfalls eine große Rolle.
Meine Monatsrückblicke sind gute Meilensteine für die Rückschau – auch, was meine Stimmung angeht. An dem, was ich nach vier, fünf, sechs, sieben, acht und neun Monaten schrieb, konnte man merken, dass das wesentliche geschafft war. Mehr bringt wenig.
Daher hielt ich es für sinnvoller, nach 10 Monaten wieder einzusteigen, statt auf einem Jahr am Stück zu bestehen. Ursprünglich hatte man mir großzügigerweise auch 15 angeboten – oder „wie ich es brauche“. Warum sollte ich also jetzt auf 12 herumreiten?
Februar und März sind zwar schon weit vom Winteranfang entfernt, aber sie gehören immer noch zu den Monaten mit unterdurchschnittlich viel Tageslicht. Das Wetter kann je nach Land variieren, aber die Möglichkeiten, Sonne und Wärme zu erleben, sind begrenzt. Dazu kommt noch die Fastenzeit, in der ich üblicherweise keine Süßigkeiten esse, wodurch mir eventuell lokale Leckereien entgehen würden. Alles in allem sind das also keine idealen Reisebedingungen.
Zwei freie Monate später hingegen kann ich so oder so gut verwenden. Entweder ich habe eine bessere Jahreszeit für Reisen oder kann etwas anderes damit anstellen.
Vor allem habe ich so bessere Chancen, im Sommer ganz regulär Urlaub zu nehmen und mehr von den interessanten Esperantotreffen mitzunehmen. Das ist allemal besser als zwei Monate alleine zu reisen.
In diesem Sinne: Ich bin jetzt tiefenentspannt und freue mich auf die Arbeit!