Gegen die Angst – und die Wahrscheinlichkeit

Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Zehn Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:

Zuletzt habe ich darüber gebloggt, dass der Morgen nahe ist, wie ich an meinem Geburtstag endlich wieder unterwegs war, die Rückkehr nach Catania, wie ich Sizilien, Malta und Berlin besuchte, Portugal, wie ich endlich wieder gesund wurde, ein Wochenende in Aventurien, wie ich Mut zum Wachstum aufbrachte sowie wie ich begann, mich meiner größten Angst zu stellen.

Letztes Wochenende war ich in Kempen und Köln. Zuletzt hatte ich einen meiner besten Freunde im Juli 2021 gesehen. Viel zu lange her!

Als ich im Dezember vor drei Jahren zu Besuch war, steckte ich in einer akuten Krise. Jetzt war ich wieder ganz gesund. Was für ein Unterschied! An so ein gutes und bewusstes Körpergefühl kann ich mich nicht erinnern. Es muss über 20 Jahre her sein. Wieviel besser und intensiver sich alles anfühlt, wie entspannter alles ist!

Das ist auch wichtig, um meinen Vorsatz von letzter Woche fortzuführen. Es ist bereits ein Erfolg, eine Woche durchgehalten werden. Der erste Eindruck: Tut das weh!

Ich war einige Tage sehr aufgedreht, oft zornig, manchmal traurig. Aber das ist die normale Reaktion, wenn man sich seiner größten Angst stellt und damit eigene Glaubenssätze in Frage stellt. Wie sollte es anders sein? Viel interessanter ist: Jedesmal, wenn ich meinen Absichten treu geblieben bin und etwas gewagt habe, fühlte ich mich danach gut und war friedlich. Ein deutlicheres Zeichen, dass ich das richtige tue, gibt es nicht.

Ein Grund dafür: Ich kann mich nicht daran erinnern, mich so sehr auf mich selbst konzentriert zu haben. Selbst bei der Auszeit schwangen immer Erwartungen im Hintergrund mit. Ich bin wieder bei mir selbst. Und ich bin mir sicher: Wenn ich das hier überlebe, kann ich alles.

Das ist eine würdige Aufgabe, um den Groove zu verwenden. Mehr persönliches Wachstum als jeden Tag über seinen Schatten zu springen geht nicht.

Beim Versuch, die eigene Einsamkeit zu beenden, ist es wichtig, sich die Natur des Spiels vor Augen zu halten: Es geht nicht ums Sammeln. Ein Treffer und es ist zuende. Es gibt keine Abstufung (wenn auch Phasen). Es ist wie ein Lichtschalter, kein Dimmen. Darum wirkt vor dem Treffer die ganze Zeit alles wie ein Misserfolg.

Zum Vergleich: Wie lange dauert es, eine neue Arbeitsstelle zu finden, wenn man sich jeden Tag bei der Suche reinkniet? Dafür kann man durchaus 6 Monate einplanen. Und eine Arbeitsstelle will man eventuell bewusst nach einigen Jahren wieder wechseln.

Dazu ein paar nüchterne Statistiken: Im Internet schreiben je nach Umgebung 1/10 der Leute zurück. Beim Speeddating fand ich 10% Treffer und 2 Treffer pro Person hoch (bei mir waren es ca. 1/55). Es wäre also extrem wichtig, möglichst viele erste Schritte zu tun, die auf Übereinstimmung beruhen, die „gut genug“ ist. Die falscheste Einstellung am Anfang wäre eine romantische, etwa die Idee, „die eine“ zu finden. Es ist also immer eine Wette gegen alle Wahrscheinlichkeiten – aber mit dem Gesetz der großen Zahlen auf der eigenen Seite.

Zeit, sich der nächsten, viel kleineren Angst zu stellen: Was mache ich, wenn sich wochenlang kein nächster Schritt ergibt? Ich hatte zumindest einmal weiteres Interesse geweckt. Wenn ich ein hoffnungsloser Fall wäre, wäre das nicht passiert.

Ich habe noch weitere Optionen: Das Profil ändern, neue Fotos machen und einstellen, andere Plattformen ausprobieren, andere Schritte unternehmen (Speeddating oder andere Veranstaltungen für Singles), den Suchradius erweitern, Geld bezahlen…

Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, umzuziehen, nur weil einige Leute Hoofddorp langweilig finden. Es ist sicherlich ein ruhiger Ort. Aber den Aufwand ins Blaue hinein möchte ich nicht betreiben. Es stellt sich eher umgekehrt die Frage, ob ich mit jemandem zusammen sein möchte, der Leute nach ihrem Wohnort beurteilt.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein neues Hobby, das mich unter Leute bringt, etwa ein Tanzkurs, d.h. als Schritt 0 überhaupt erst einmal viele neue Leute zu treffen. Das ist einerseits weniger fokussiert, andererseits bin ich davon überzeugt, dass ich unter Leuten und in echt viel besser ankomme.

Um es einmal auf die Spitze zu treiben: Wäre ich denn bereits, alles aufzugeben und woanders neu anfzuangen? Ja, warum denn nicht? Liebe ist nicht alles, aber alles ist nichts, wenn man aufgrund der Umstände nicht geliebt werden kann. Ich weiß doch, wie ich in der richtigen Umgebung, mit den richtigen Leuten wirke – warum sollte ich die Chance, das öfters zu erleben, verschwenden? Das hat mir das Wochenende noch einmal gezeigt. Richtig dumm wäre, sich in sein „Schicksal“ zu ergeben (das überhaupt kein Schicksal ist, sondern eine völlig blödsinnige Einstellung).

Einen praktischen Impuls habe ich ebenfalls vom Wochenende mitgenommen: Chicane Sun:Sets Vol 411 enthielt ein sehr schönes Lied, das genau diesen Widerspruch zwischen Leichtigkeit und Rhythmus, diese Energie und damit den Wunsch nach Veränderung ausdrückt, die ich derzeit durchlebe.

Ben Böhmer: Little Lights

Die Sehnsucht bewahren

Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Drei Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:

Meine Idee, für Silvester einen Discord-Server einzurichten, hat sich als große Klasse erwiesen. Ich habe Dutzende Freunde wiedergesehen und mit einigen von ihnen sogar aus der Entfernung getanzt! Ein – unter den gegebenen Umständen – großartiger Abschluss des Jahres!

Ein neues Jahr bringt immer Hoffnung auf Veränderung, aber auch das Risiko, schnell enttäuscht zu werden. Deswegen möchte ich mich diesmal von Anfang an auf das konzentrieren, das mir persönlich wichtig ist. Pflichten wird es genug geben!

So wie im letzten Eintrag möchte ich das mit einem Foto und einem Lied zum Ausdruck bringen. Das Foto ist vom Januar letzten Jahres und zeigt die Sprachbücher, die ich gekauft hatte, um meiner Länderliste wenigstens ein neues Land hinzuzufügen:

Kauderwelsch Wort für Wort 2020-01-17 215925

4 Strings – Take Me Away (Into The Night)

Dieses Lied kenne ich durch eine CD, die einer meiner besten Freunde Ende 2002 für mich zusammengestellt hat.

Darauf befanden sich einige Stücke von Chicane, dessen Musik sowohl während meiner Auszeit als auch als Erinnerung an meine Träume eine Rolle spielt. Dieses Trance-Stück geht in eine ganz ähnliche Richtung. Ich verbinde damit sogar sehr viele Dinge:

  • die Erinnerung an eine Freundschaft, die sich gerade in schlechten Zeiten bewährt
  • der Wunsch, aus dem Alltag auszubrechen
  • das Verlangen nach Kreativität, insbesondere selbst Musik zu machen
  • die Sehnsucht nach dem Reisen

An das Lied wurde ich durch eine neuere Version erinnert, auf die ich wie ein anderes Stück durch denselben Freund Ende Februar / Anfang März letzten Jahres aufmerksam gemacht wurde. Kurioserweise habe ich erst vor einigen Monaten erfahren, dass das Stück aus den Niederlanden stammt:

The story behind „4 Strings – Take Me Away (Into The Night)“ with Carlo Resoort | Muzikxpress 061

Es gibt also sogar eine Verbindung zu meiner Wahlheimat!

Die Stimmung und der Titel drücken es für mich so klar aus: Ich möchte noch einmal verreisen, all die Pflichten hinter mir lassen, mich selbst in einem anderen Kontext erleben, zeigen, was ich außer Routine noch kann. Ich habe mir das verdient. Ich bin es mir wert.

Vertagen, nicht verzagen

„Feel my heart, feel my heart has turned to grey“
Chicane featuring Adam Young – Middledistancerunner

Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Ein Blogeintrag fasst den Hintergrund mit Verweisen auf alle Blogeinträge aus Q2/2020 zusammen. Seitdem habe ich über den Sinn des Zorn, Verletzbarkeit, die Zeit vor fünf bzw. zehn Jahren, dass das Leben keinen Sinn haben muss, drei wertvolle Einsichten, „So viele Sommer„, unbezähmbare Wut, Veränderung, Würde und die große Müdigkeit geschrieben sowie zuletzt darüber, sich selbst zu retten.

Eine Freundin hat mich noch daran erinnert, woher ich das Motto der letzten Woche ebenfalls kenne: Aus dem Achtsamkeits-Terminkalender „Ein guter Plan“, den sie mir für dieses Jahr geschenkt hat.

Ähnlich wie es Jan Lenarz aufgeschrieben hatte, steht auf einer dazugehörigen Karte:

„Wir haben alle ein bisschen „Ich will die Welt retten“ in uns.

Aber es ist ok, wenn du erst mal nur einen Menschen rettest.

Und es ist o.k., wenn dieser Mensch du selbst bist.“

Schöner könnte ich es nicht ausdrücken. Ich kann die Produkte des Verlages „Ein guter Verlag“ nur empfehlen, denn sie sind einfach schön zu benutzen, anzusehen und anzufassen, jedesmal ein kleiner Lichtblick im grauen Alltag. Und die habe ich auch bitter nötig, denn:

Es ist Herbst geworden. Der Sommer symbolisiert für mich immer die große Zeit, in der ich frei bin, in der alles möglich ist – im Herbst schrumpfe ich wieder auf Normalmaß zusammen, alle unerfüllt gebliebenen Sehnsüchte müssen wie die Blätter an den Bäumen verwelken. Alleine dass ich diesen Sommer zum ersten Mal seit fast 20 Jahren keine große Reise gemacht habe, also die Zeit zum Träumen ausblieb.

Es heißt noch mindestens einige Monate abzuwarten, bis wieder wirklich etwas geht. Ist das nicht eigentlich gegen meine Mission? „Vernünftig sein“ und „abzuwarten“ klingt nicht nach einem Abenteuer. Und ja, das lange Warten macht mir sehr zu schaffen. Bereit zu sein, aber nicht loslegen zu können, das nagt an den Nerven (oder ihren mühsam zusammengeklaubten Restbeständen).

Das gilt sowohl für mein mögliches neues Leben als auch für meine Träume. Ich hatte große Pläne für dieses Jahr: Im Januar hatte ich mir zahlreiche Bücher der Kauderwelsch-Serie bestellt, alle mit Sprachen für Länder, in denen ich noch nicht gewesen bin. Wenigstens weiß ich inzwischen, dass ich meinen Jahresurlaub zum allergrößten Teil auch nächstes Jahr abfeiern kann – aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Jetzt passt ein Lied, das mich schon zu Beginn meiner Auszeit begleitet hat. Chicane, seinerzeit eine Musikempfehlung eines meiner besten Freunde, hat mich immer wieder inspiriert:

Chicane featuring Adam Young – Middledistancerunner

Diese unglaubliche melancholische Stimme von Adam Young (kennt man von Owl City – Fireflies) – und dazu das Video: Ein Typ, der völlig ausgelaugt an seinem Schreibtisch sitzt und offensichtlich den Bezug zu seiner Umwelt verloren hat. Alle möglichen Orte und Sinnesreize können bei ihm keine Reaktion mehr hervorrufen – bis kurz vor dem Ende (des Videos)…

Ich sehe das natürlich durch meine eigene Brille. Wenn ich das Lied höre, packt mich die alte Sehnsucht nach dem Reisen, nach dem Ausbrechen aus dem Alltag, nach dem noch einmal etwas ganz anderes erleben.

Ich wurde von Freunden gefragt, was denn meine Erwartungen an die (nahe) Zukunft wären. Darauf hatte ich spontan eine klare Antwort:

1. Diesen Dreck überleben.
2. Verreisen und feiern, als ob es kein Morgen gibt.

Und noch viel wichtiger davor:

0. Aufhören, von anderen Leuten irgendwelchen Mist zu akzeptieren.

Das ist doch mal ein ganz konkreter Schritt, der sich auch umsetzen läßt!

Wie ich meinen Geburtstag verbracht habe

Klassischer Folgeartikel – ich hatte ja schon gestern berichtet, wie ich reingefeiert habe. Nachmittags bekam ich Besuch von meinen Eltern und saßen beisammen zu Kaffee und Kuchen.

Sie brachten mir auch ein schönes Geschenk in Form von Möbeln mit, die ich mir gewünscht hatte. Denn egal wie viele Bücher ich bereits aussortiert habe: Zu Hause bei meinen Eltern gibt es noch mehr als ein Regal von meinen Büchern und auch wie erwähnt sonstigen Krempel, den ich nach Münster schaffen möchte. Meine bisherigen Bücherregale in der Wohnung waren bereits voll, also mussten weitere (dazu passende) her. Außerdem gab es ein (ebenfalls dazu passendes) CD-Regal. Ich habe zwar immer noch nicht alle CDs damit untergebracht, aber es sieht besser aus als die CD-Ständer, die ich bisher hatte, so dass ich mit dem Gedanken liebäugele, mir weitere dieser CD-Regale zu holen und dann alles auf weniger Platz aufzubewahren. Es ist ja schon ein deutlicher Fortschritt, nicht mehr so viele Stapel herumstehen zu haben…

Es war interessant, wer sich alles gemeldet hat an dem Tag. Ich hatte Gelegenheit, ein paar sehr gute Gespräche zu führen, bei der auch viel von der Vergangenheit zur Sprache kam. Ich habe viel Zeit zum Nachdenken gehabt und konnte zum ersten Mal sehr gelöst auf viel zurückblicken, das passiert ist. Gerade mein Verhältnis zur Popkultur ist heute nichts Schlimmes mehr.

Den letzten Teil des Tages verbrachte ich mit Musikhören – Sun Sets von Chicane! – und ordnete Sachen in die frisch zusammengebauten Möbel ein. Außerdem genoss ich einen Teil der Süßigkeiten, die ich geschenkt bekommen habe. Es war ein schöner Tag und viele Leute haben dazu beigetragen, dass es so wurde!

Und über uns die Sterne

Ich habe lange überlegt, wo ich meinen heutigen Geburtstag verbringen soll. Wieder nach Sizilien und im Meer baden, so wie vor 15 Jahren? Das war so ein großartiges Gefühl damals. Oder dasselbe in einem neuen Land (es gibt ja noch genug im Süden auf meiner Liste)?

Dann kam jedoch einer meiner besten Freunde mit einem echten Superknüller um die Ecke: Einen Tag vorher würde es „Chicane Under The Stars“ im Planetarium Bochum geben! Na, da war die Sache doch klar: Nichts wie hin!

Chicane feierte der Ende der 1990er / Anfang der 2000er mit Stücken wie „Offshore“ und „Saltwater“ große Erfolge, ist zwar aus dem großen Rampenlicht verschwunden, hat aber nie aufgehört, tolle elektronische Musik zu machen. Ich liebe seine Alben „Far From The Maddening Crowds“ und „Behind The Sun“ und hatte ihn schon einmal erwähnt im Zusammenhang mit chilliger, leicht sphärischer Musik. Das in Kombination mit riesigen Weltraumbildern – ein Traum!

Als Einstimmung gab’s im Auto schon Teile einer Radiosendung namens „Sun Sets“, die Chicane moderiert. Sun Sets vol. 8 enthält etwa das großartige Stück „Coldplay – Sky Full Of Stars (Andreas Von Hoog Bootleg)“ (zu hören ab 48:08). Noch mehr von der Sendung gibt’s auf Mixcloud. Die Liederlisten gibt’s bei Chicane selbst.

Leider muss ich ganz langweilig schreiben: Ich hatte einen tollen Abend erwartet und genauso wurde es. Es hat gar keinen Zweck, die Gefühle zu beschreiben, die mich überkamen. Woanders gibt’s einige Fotos und die Vorschau. Beider geben das Erlebnis natürlich nicht richtig wieder, dafür waren die Sinneseindrücke zu intensiv. Gut, dass ich Kontaktlinsen hatte, damit konnte ich viel freier sehen!

Als ich das nächtliche Europa sah, da musste ich an meine Reisen denken, wo ich überall schon gewesen bin und wo ich noch hin will. Und beim Sternenhimmel kam eine Erinnerung hoch an einen abendlichen Besuch im Schwimmbad, wo man sich draußen in einem Becken hinlegen und auf die Sterne gucken konnte.

Ein Stück namens „Don’t Give Up“ mit Gesang von Bryan Adams hat mich über viele Jahre begleitet. Gestern kam es in einer neuen Version (die ebenfalls im dritten Teil der Radioserie erschienen ist).

Chicane: Don’t Give Up (2014 Reboot) (ab 52:55)

Danach ging es nach Münster und wir gingen tanzen im Cuba Nova. Dort war ich ja seit drei Monaten nicht mehr gewesen! Um Mitternacht erreichten mich die ersten Glückwünsche und es stellte sich heraus, dass die Eintrittskarte für Chicane gleichzeitig ein Geburtstagsgeschenk gewesen war!

Wir tanzten recht zünftig ab. Dennoch gingen wir – für meine Verhältnisse – früh nach Hause. Aber meine Augen wurden langsam müde und ich habe ja heute noch etwas vor. Um 5:15 ging ich ins Bett.