Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Zwölf Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:
- Q2/2020 / Q3/2020 / Q4/2020
- Q1/2021 / Q2/2021 / Q3/2021 / Q4/2021
- Q1/2022 / Q2/2022 / Q3/2022 / Q4/2022
- Q1/2023
Zuletzt habe ich über Vergeben statt vergessen gebloggt, wie es in meinem Herzen endlich wieder Frühling wurde sowie einen nachdenklich machenden Fantasyfilm.
Ich hatte letzte Woche schon angesprochen, dass es wichtig sein wird, meine eigenen Schatten zu besiegen. Das beschränkt sich jedoch nicht auf die Vergangenheit, sondern bezieht sich auch auf meine „dunkle Seite“. Was ist das?
Mir ist das Konzept zum ersten Mal in einem Comic in meiner Kindheit begegnet. Das Lustige Taschenbuch 39 namens „Eins, zwei, drei – große Hexerei“ enthält die Geschichte „Gundel in Aktion“ (im italienischen Original: Zio Paperone e le streghe in azione). Es ist auch die Geschichte des Buches, die dem Titel und Titelbild am ehesten gerecht wird.
Kurz zum Inhalt: Die beiden Hexen Gundel Gaukeley und Mona Menetekel suchen einen unwirklichen Ort auf, in dem kleine Figuren bekannter Personen stehen. Diese Figuren sind ein Behälter, der die unterdrückten Teile der Persönlichkeit enthält.
Die Erklärung ist, dass für die Ausformung des Charakters jede Person eine Entscheidung trifft, um einen bestimmten Weg zu gehen und einen anderen nicht. Zu Beginn ihres Lebens hat eine Person Wahlmöglichkeiten, geht bewusst oder unbewusst einen Weg, und unterdrückt damit die gegenteiligen Möglichkeiten. Tendenzen werden zu scheinbar festen Charaktereigenschaften. Tatsächlich ist immer das Potenzial vorhanden, es auch anders zu tun. Es fällt nur nach vielen Jahren sehr schwer. Das ist ein sehr erwachsenes Konzept, weswegen ich mich auch nach über 30 Jahren noch daran erinnern konnte.
Diese Charaktereigenschaften können wertneutral sein. Etwa „ich plane gerne im voraus“ und „ich bin am liebsten spontan“. Das ist auch ein Beispiel, wie sich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen nicht ausschließen, sondern in derselben Person manifestieren können. Ich weiß das sehr gut, weil ich sowohl organisieren als auch spontan vorgehen kann.
Gerade bei den ausschließlich guten Eigenschaften gilt es genauer hinzusehen. Zum einen ist „gutes“ Verhalten nur möglich als Ergebnis einer getroffenen Wahl. Wenn ich nie unfreundlich sein kann, wie kann ich dann jemals tatsächlich freundlich sein?
Zum anderen kann es gut sein, dass die offen ausgelebten „guten“ Eigenschaften verdecken, dass wir auch ganz andere Tendenzen in uns haben, die wir nur unterdrücken oder verbergen. Diese uns gegenüber selbst zu verleugnen kann gefährlich sein – sowohl in unserer Selbsterkenntnis als auch in unserem Umgang mit Mitmenschen. Zwei bekannte Phänomene sind die Projektion (ich kritisiere am anderen, was ich selbst an mir nicht sehen mag) oder unheimliche Spiegelung (ich fürchte am anderen besonders das, was meine eigene Schwäche ist).
Ich habe für mich schon vor Monaten drei Aspekte meiner dunklen Seite aufgeschrieben. Sie waren keine Katastrophe mehr, sobald ich mich ihrer bewusst war:
Die helle Seite | Die dunkle Seite |
---|---|
„Ich war ein sehr guter Einwanderer.“ | „Ich war ein sehr schlechter Einwanderer.“ |
„Ich war immer mit dem Hier und Jetzt beschäftigt. | „Ich hatte nie einen offenen Blick für das Hier und Jetzt.“ |
„Ich bin ein gutmütiger, hilfsbereiter Mensch.“ | „In mir stecken sehr viel Zorn und Aggressivität.“ |
Wie passen diese widersprüchlichen Aussagen zusammen?
Ich war ein guter Einwanderer in dem Sinne, dass ich mich von Anfang an nicht als „Expat“ gesehen und so schnell wie möglich Niederländisch gelernt habe. Ich war ein schlechter Einwanderer in dem Sinne, dass ich nie die Verbindung zu meiner alten Heimat gekappt habe, sondern stets auf Unterstützung von dort abhängig geblieben bin.
Ich war viele Jahre mit dem Hier und Jetzt beschäftigt, wenn es darum ging, Aufgaben zu erledigen. Ich hatte lange Zeit keinen offenen Blick für das Hier und Jetzt, wenn es um Achtsamkeit und meine eigenen Bedürfnisse ging.
Ich werde meistens als ein hilfsbereiter und freundlicher Mensch wahrgenommen. Ich weiß, dass in mir auch Wut und selbstzerstörerisches Potenzial stecken.
Der dritte Punkt der dunklen Seite beschäftigt mich am meisten, insbesondere in den letzten Wochen. Ich kann das jetzt aufschreiben, weil ich nicht in einer akuten Not stecke, sondern Zeit und Ruhe habe, darüber nachzudenken. Auf dem Weg zu mir selbst geht es nicht darum, zurück ins Licht zu finden. Es geht darum, auch die dunklen Täler zu sehen und den Blick nicht abzuwenden.