Von himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt

Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Drei Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus einem Quartal zusammen:

Zuletzt habe ich darüber gebloggt, meine Sehnsucht zu bewahren, Wegweiser fürs neue Jahr, den Kurs zu halten, Erkenntnisse, die den Blick verändern, einen Lernerfolg, dass ich die ganze Zeit ok war, Probleme, die tatsächlich Lösungen sind sowie emotionale Intelligenz, Hochsensibilität und den inneren Dialog.

Heute abend bin ich so friedlich wie schon lange nicht mehr. Als ich vor über einem halben Jar endlich Veränderung angestoßen habe, hätte ich nicht gedacht, wie lange es dauern würde. Es sollte ein langer Marsch werden. Aber immerhin, ich bin (wieder) auf dem Weg!

Was mir sehr hilft, auch wenn es immer noch bewusste Anstrengung erfordert und sich ein wenig egoistisch anfühlt, ist die Konzentration auf mich selbst. Ein Aspekt der extrovertierten hochsensiblen Personen (HSP), der mich besonders angesprochen hat, war die starke Reaktion auf Kunst, Musik und Natur.

Ich kann Musikstücke fast wie einen Stimmungsregler verwenden. Wenn ich möchte, kann ich innerhalb von zwei Liedern von fröhlich und voller Energie zu abgrundtief traurig und niedergeschlagen wechseln – und umgekehrt! Dazu zwei Beispiele:

La Pegatina: La Negra

Veronika Fischer: In jener Nacht

Seit ich verstanden habe, dass ich ein sehr gefühlvoller Mensch bin, verstehe ich endlich, warum mich so viele internationale Musik anspricht: Sie drückt oft Aspekte aus, die ich aus Deutschland nicht gewohnt bin. Erst mit allen Facetten zusammen passt es endlich:

Natürlich liebe ich es, wenn Musik so voller Energie von Lebensfreude ist! Das klingt so, wie ich mich oft fühle, und dann erinnere ich mich an frühere Gelegenheiten, in denen ich gefeiert, gelacht und getanzt habe.

Doch auch das traurige Lied berührt mich sehr: Der Franz Bartzsch hat eine Verletzbarkeit in seiner Stimme, es klingt, als drücke er seine Gefühle ganz unverfälscht aus. Wenn ich so ein Lied über Melancholie und verlorene Liebe höre, dann erinnere ich mich an all die Male, als ich unglücklich verliebt war oder eine Beziehung zuende ging – und auch die Erfahrung, dass meine Gefühle – Traurigkeit, Verletztheit – als „nicht ok“ abgestempelt wurden. Das ist eine falsche Bewertung, wie ich zum Glück endlich erkannt habe.

Das erklärt, warum ich Musik nicht gerne nebenbei als Hintergrundgeplätscher höre: Weil ich sehr stark auf sie anspreche und weil ich leicht einen Bezug zu ihr herstellen kann.

Ich habe das lange Zeit als Schwäche angesehen: Ich sei eben wankelmütig und beeinflussbar. Dabei ist das genauso eine Stärke: Ich kann mich auf etwas einlassen. Mir sind die Dinge nicht egal.

Der Trick liegt also darin, melancholische Lieder nur in geringen Dosen zu hören und ansonsten Stücke zu suchen, die Freude, Staunen oder Gelassenheit ausdrücken.

Das Leben danach

„It is possible to commit no mistakes and still lose. That is not a weakness, that is life.“
Jean-Luc Picard

Ich bin auf der Suche nach dem verlorenen Groove. Zwei Blogeinträge fassen jeweils alle Blogeinträge aus Q2/2020 und alle Blogeinträge aus Q3/2020 zusammen. Zuletzt habe ich gebloggt über Lieder, die mich durch die Nacht bringen, das neue Lebensjahr, vom Sinn des Staunens, was dieses Blog hier wird (und was nicht) sowie darüber, die eigene Aufgabe zu erkennen.

Das Leben hält doch noch positive Überraschungen bereit. Popsänger Sasha aus Soest, seit den späten 90ern mit radiokompatibler Popmusik unterwegs, hat 2018 ein Album ganz auf Deutsch herausgebraucht. Ich hatte das gar nicht mitbekommen und bin nur zufällig darauf gestoßen, als ich zuletzt seine „Schrott-Songs“ gesehen und gehört habe (Teil 1, Teil 2, Interview danach). So kann’s kommen: Ein alberner Streich mit der versteckten Kamera führt einen zu Liedern mit Tiefgang:

Sasha: „Leben danach“

Das spricht mir aus der Seele. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand so stilvoll über diese Situation singen kann. Drei besonders gelungene Lieblingstextzeilen:

  • „Du hast gedacht, Du wärst längst angekommen“
  • „So viele Jahre und Erinnerungen löscht man nicht mal so eben“
  • „Nachts liegst Du wach, hängst Euren Träumen nach / Dein Herz macht Überstunden“

Aber besonders berührt mich der Übergang: „wenn mit nem lauten Knall alle Türen zufallen / werden neue aufgehen, Du musst nur noch rausgehen“. Vor zehn Jahren, während meiner letzten großen Krise, hatte mir eine Freundin geschrieben: „Für jede Tür, die sich schließt, öffnet sich eine andere.“ Ich konnte das damals nicht gut annehmen – ich sah keine neuen Möglichkeiten. Ich habe damals tatsächlich sehr lange gebraucht, um wieder hochzukommen – mehrere Jahre. Heute sehe ich das anders: Da ist tatsächlich etwas dran, und ich habe mir im letzten halben Jahr einige neue Chancen erkämpft.

Dass ein eigentlich leicht beschwingter Sänger einen richtig tiefsinnigen Text darbieten kann, war mir schon vorher bekannt. Peter Maria (der Mann hinter „Tony Mono“) hat vor einigen Jahren ein ernstes Album aufgenommen. Da heißt es etwa:

„Ich will, dass sich der Himmel verdunkelt, wenn dieses Schiff hier auf Grund geht
(…) wenn dieses Bild wirklich entzwei ist, dass wirklich alles vorbei ist“

Peter Maria: „Wenn Du gehst, nimm mich mit“

Ich hatte immer den Eindruck, dass man als Mann mit Problemen eine lächerliche Figur abgibt, die auch noch zum Ziel von Hohn und Spott wird. Sasha und Peter Maria haben das hingegen umgedreht und aus Liebesleid ein paar tolle Lieder gemacht. Das ist eine Möglichkeit, den Groove wiederzufinden!

Der 50. Geburtstag

Drei Wochen nach meinem letzten Aufenthalt in Hessen verschlug es mich im Juni in den Odenwald. Ein 50. Geburtstag stand an – und er sollte nicht so traurig werden wie das gleichnamige Stück von Badesalz. Wir hatten uns zuletzt Pfingsten vor einem Jahr in Erfurt gesehen und ich hatte schon damals die Einladung bekommen. Allerdings wusste ich damals noch nicht, wo ich ein Jahr später sein würde. Schön, dass es dann doch geklappt hat!

Nachdem ich am Freitag einen Zwischenstopp in Münster eingelegt hatte, fuhr ich am Samstag nach Bad König. Hier wurde ich direkt abgeholt und zum Ort der Feier gebracht: Burghof – das Hotel. Dort gab es sowohl reichlich Kaffee und Kuchen als auch später ein leckeres Abendessen.

Der wirkliche Knüller war jedoch JoMo. Den Jubilar habe ich über Esperanto kennengelernt und er schätzt den vielsprachigen Musiker aus Okzitanien ebenfalls seit vielen Jahren. Deswegen hatte das Geburtstagskind speziell für die Feier JoMo einfliegen lassen, um ein Konzert zu geben.

Ich hatte die große Ehre, einen Teil des Konzertes mit meiner elektrisch verstärkbaren Tenorukulele zu unterstützen. Nach dem Kaffee setzten wir uns zusammen und gingen das Repertoire durch. Hierbei machte ich die freudige Entdeckung, dass einige Klassiker einfach jeweils ein Blues mit verschiedenen Grundtönen waren. Das konnte ich also direkt mitspielen, ohne lange nachzudenken – Schulbildung sei Dank!

Ein Freund des Gastgebers kam ebenfalls noch mit seiner elektrischen Gitarre hinzu. Ich begleitete mit meiner Ukulele etwas länger, da ich noch mehr von den Esperantostücken kannte. Für mich war das eine großartige Erfahrung und ein Riesenfortschritt, was Auftritte anbelangt.

Spät am Abend setzten sich die letzten verbliebenen Gäste zusammen. Ich fand es doch sehr interessant zu hören, wie die Männer um die 50 ihr Leben gelebt hatten. Keiner war langweilig geworden oder hatte einfach nur seine Karriere verfolgt. Vielmehr fand ich vielseitig interessierte Leute, die nicht in Selbstzufriedenheit versunken waren. Das war doch eine sehr ermutigende Erfahrung.

Die Nacht verbrachte ich in einer kleinen Pension und stand – völlig gegen meine Gewohnheit – früh auf, um bei der Familie des Freundes zu frühstücken. Vor der Pension machte ich noch ein Foto von der schönen Landschaft (an etwas anderes als Flachland bin ich aufgrund der Zeit in den Niederlanden schon gar nicht mehr gewöhnt.)

Brombachtal

Königstag

Galerie

Diese Galerie enthält 15 Fotos.

Wie bereits gestern erwähnt, hatte ich mir ein orangefarbenes T-Shirt gekauft. Das passt auf den ersten Blick gar nicht zu meinen Gewohnheiten. Für die Arbeit brauche ich es nicht, denn dort trage ich inzwischen bevorzugt Hemd und Krawatte. Außerdem lasse … Weiterlesen

In ein Album gegossene Erinnerungen

Als jemand, der sich in vielerlei Hinsicht für Musik interessiert, juckte es mich von Anfang an in den Fingern, für das Jahr Auszeit eine Art Soundtrack zusammenzustellen: Lieder, die von Reisen und Freiheit handeln (oder mich daran erinnern); Musikstücke, mit denen ich besondere Momente verbinde. Ich habe das zum Glück dann doch gelassen, denn zum einen wäre das schnell ausgeartet (in meinem Kopf kam immer mehr zusammen), zum anderen ist das ja auch megaoriginell und überhaupt nicht anmaßend, irgendwelche rebellischen Lieder, die von einem „Ausbruch aus allem“ erzählen, für eine persönliche freie Zeit zu verwenden, die alles in allem luxuriös und gut abgesichert stattfindet. Mir ist klar, dass Musik oft Gebrauchsmusik ist. Man kann sie runterdudeln, muss es aber nicht.

Es ist schon oft vorgekommen, dass ich in einer bestimmten Situation im Leben auf ein Album oder Lied gestoßen bin und das seitdem mit dieser Zeit verbinde. Ende vergangenen Jahres hat es sich ergeben, dass ein neu erschienenes Album kurioserweise die Jahre vor der Auszeit festhält und mich daran erinnert. Das liegt daran, dass ich einige der Lieder bereits damals kannte.

Die Musik von Martin Wiese hat mich seit meiner Kindheit begleitet und ihn als Gastsänger in seiner alten Band Amplifiki zu vertreten, war einer der schönsten Tage in meinem Leben.

Wir hatten uns im Juni in Stockholm getroffen. Einen Monat später gab er mitsamt Band ein Konzert in der Slowakei. Ich hatte schon erwähnt, dass – nachdem er viele Jahre in der Esperanto-Rockband Persone aktiv war – sein zweites Solo-Album erschienen ist. Anfang des Jahres habe ich mir das endlich einmal ganz und in Ruhe angehört. Es ist doch erstaunlich, wie viele Stücke mich an Kilometersteine auf meinem Lebensweg erinnern:
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Silvester

Video

Und noch einmal geht es um die einwöchige Esperanto-Veranstaltung, auf der ich ins neue Jahr reingefeiert habe. Erwähnt hatte ich, wie ich als DJ gearbeitet habe und wie eines meiner Lieder auf dem Konzert von Jonny M erklang. Nun soll etwas zu Silvester selbst folgen.

Es ging dieses Jahr relativ spät los, nämlich mit dem neuen Jahr in Moskau um 22:00 Uhr. In den Minuten vorher wurde es noch etwas hektisch, weil ich meinen Krempel noch nicht aufgebaut hatte. Danach machte ich eine kurze Ansage zusammen mit zwei Russinnen aus Moskau, dann ging es los mit einem Neujahrslied auf Russisch und damit konnte der Ball beginnen. Es war erst etwas schleppend, weil erst noch das Licht an war. Leute tanzen nicht gerne, wenn sie sich wie auf dem Präsentierteller fühlen. Nach etwa einer halben Stunde gab es außerdem eine Pause, weil ein Foto gemacht werden sollte. Das zog sich hin und so konnte ich ein paar klassische Tänze einbauen.

Nachdem wir das überstanden hatten, wurde das Buffet eröffnet, was natürlich bedeutete, dass viele Leute nun etwas essen gingen. Aber dann war es auch schon 23 Uhr und das neue Jahr in der Ukraine, Litauen und Finnland brach an. Immerhin hatte ich Musik auf Ukrainisch und Finnisch in petto. Jetzt konnte die Party starten. War ich bisher etwas nervös gewesen, sah ich nun, dass der Laden lief.

Das letzte Lied vor dem neuen Jahr ist traditionell „The Final Countdown“ von Europe. Es ist ein schönes Bild, wenn man oben auf der Bühne steht und unten rocken die Leute so richtig ab.

Nach Mitternacht vergeht einige Zeit mit Gratulieren und ich hatte dafür einige langsamere Lieder herausgesucht. Dann ging es wieder gut ab und ich freute mich, dass insbesondere eine „Heavy“-Phase auf großen Anklang stieß. Etwa zehn vor 3 Uhr, dem neuen Jahr in Brasilien, übergab ich dann an den russischen Kollegen, der Drum & Bass auflegte. Ich hatte meinen Teil getan, war mit meinem Werk zufrieden, aber brauchte eine Pause und wollte ein wenig mit den Leuten reden.

Üblicherweise bleibe ich bis mindestens 6 Uhr auf, dem neuen Jahr in Kanada. Diesmal ging ich jedoch fast eine Stunde früher ins Bett. Aber das war egal – es war eine gute Feier aus meiner Sicht!

Hier noch ein Video vom Silvesterabend. Ab 5:42 erklingt „Nova jaro“ von Martin Wiese. Das lege ich normalerweise immer als letztes Lied am Abend auf. Das Stück, das auf Deutsch „Neues Jahr“ heißt, begleitet mich schon eine ganze Weile (zwei Jahre, wenn ich mich recht erinnere). Bislang hatte ich immer eine Demoversion verwendet, doch kurz vor Weihnachten war Martins zweites Soloalbum erschienen. Martin & la Talpoj hatte ich im Sommer in der Slowakei gesehen und ihn alleine noch einen Monat vorher in Stockholm getroffen.

Varsovia Vento: „Simpla bildo pri la novjara JES“

Das Winterfest

Den halben November und Anfang Dezember war ich unterwegs gewesen und war schließlich aus Ungarn zurückgekehrt. Denn am ersten Dezemberwochenende würde Das Winterfest für FoLLoW stattfinden. FoLLoW ist trotz des englischen Namens der älteste Fantasyverein im deutschsprachigen Raum (gegründet 1966).

Ich war, auch wenn ich es nur erwähnt hatte, Anfang Mai bereits auf einem solchen Wochenende gewesen. Mit Kostümierung, aber in anderen Welten, war ich dieses Jahr Tagesgast bei Mythodea und erneut Teilnehmer beim Allaventurischen Konvent gewesen.

Am Winterfest hatte ich auch in den letzten zwei Jahren teilgenommen. Es fand wieder in der Jugendherberge Helmarshausen bei Bad Karlshafen am Dreiländereck Nordrhein-Westfalen/Hessen/Niedersachsen statt. Dennoch war dieses Mal für mich anders. So wie bei vielen Dingen, die ich schon früher gemacht habe, merkte ich jetzt den Unterschied, wie ich alles mit anderen Augen sehen konnte, weil ich wieder gesund war.

Fantasyleute sind echte Charakterköpfe, mit denen es nie langweilig wird. Sie haben eine profunde Kenntnis von Popkultur und schrecken auch nicht vor exotischen Sachen zurück, sie haben ungewöhnliche Hobbys in den Bereichen Kunst/Sport/Musik/Basteln/Kochen, in denen sie mit den Jahren zu Meistern werden können, und sie haben oft ungewöhnliche Lebenswege. Kein Wunder, dass ich mich da wohl fühle und mit einem Staunen höre, was die Leute alles zu erzählen haben!

Am Samstag machte ein Teil der Teilnehmer einen Ausflug zum Schloss Corvey. Ein Teil des ehemaligen Kloster ist dieses Jahr Weltkulturerbe geworden! Diesmal machte ich keine Fotos, weil ich ein wenig müde vom ständigen Knipsen geworden war. Ich fand es recht spannend, Bauten noch aus karolingischer Zeit zu sehen. Schloss Corvey war außerdem der spätere Aufenthaltsort von Hoffmann von Fallersleben – man bekam also deutsche Geschichte bis in 19. Jahrhundert geliefert.

Was mich besonders am Fest freute: Ich war wieder zusammen mit einigen anderen Leuten kreativ. Am Zeremonienabend präsentierten wir ein Lied, das wir frisch umgedichtet hatten. Das kam sehr gut an!

Später gab es noch eine allgemeine Musikrunde, bei der zwei Gitarren und eine Laute zum Einsatz kamen. Ich gesellte mich mit meiner Ukulele einfach dazu. Es war erstaunlich, wieviel ich mitspielen konnte, obwohl ich einen Großteil der Lieder nicht kannte. So wie einen Monat zuvor auf dem Allaventurischen Konvent konnte ich andere Leute begleiten. Es reichte ein Blick auf die Akkorde. Als mir von der Tenurukulele langsam die Finger weh taten, wechselte ich auf die Sopranukulele und spielte mühelos weiter. Irgendwann gab es dann die erste Pause. Wie ich feststellte, war es drei Uhr morgens! Tatsächlich löste sich die Runde langsam auf, aber ich war überglücklich. So kann es gerne weitergehen!

Der Allaventurische Konvent

Ich war gerade erst aus Ungarn zurück zu Hause, da ging es schon direkt wieder los: Auf Burg Rieneck im Spessart fand der Allaventurische Konvent statt. Das ist ein Treffen der Briefspieler des Rollenspiels „Das schwarze Auge“.

In Sachen Fantasy war ich ja bereits mehrfach in diesem Jahr unterwegs gewesen: Zum einen hatte ich ein Wochenende Anfang Mai erwähnt, zum anderen über den Tagesausflug nach Mythodea genauer geschrieben. Mit einigen DSA-Briefspielern hatte ich mich – völlig ohne Kostümierung – im April in Jesberg getroffen. Ein anderes Treffen musste ich leider wegen Terminkollision verpassen, weil ich in der Zeit in der Slowakei war.

An dem Wochenende Ende Oktober / Anfang November sollte ich den Charakter eines anderen Spielers verkörpern, der leider verhindert war. Das würde nämlich im Spiel der Gastgeber sein! Entsprechend machte ich mir mehr Gedanken um meine kleine Rolle als sonst, so dass ich aufgrund meiner Nervosität weniger als vier Stunden schlief. Nervös war ich auch deswegen, weil ich nicht wusste, ob ich ein wichtiges Utensil rechtzeitig würde in Empfang nehmen können.

Geplant war für den ersten Abend ein Maskenball und ich hatte mir – noch aus Ungarn – eine venezianisches Ledermaske bestellt. Das Modell „Colombina Gladiatore“ hatte mir am besten gefallen. Nun hatte ein Nachbar die Sendung entgegengenommen und ich hoffte, dass wir uns noch vor meiner Abfahrt sehen würden. Schließlich kam ich erst in der Nacht vor dem Konvent wieder.

Alle Sorgen erwiesen sich als unberechtigt: Ich bekam das Paket, die Anreise verlief mühelos und ich war rechtzeitig da. Ich genieße ja sowieso kleinere Auftritte vor Leuten, auch dieser ging ohne größere Mühen vonstatten und ich hatte weniger zu tun, als ich gedacht hatte. Es war zwar nur eine kleinere Rolle im großen Geflecht, aber sie hat mir Riesenspaß gemacht!

Ukulele habe ich abends in der Kneipe auch noch gespielt. Es waren ein paar tolle Musiker da. Das ganze Wochenende war für mich ein einziges Stimmungstanken. Was will man mehr?

Polen

Nicht ohne Grund war ich Ende September in Berlin: Nach einem Tag Aufenthalt fuhr ich weiter nach Polen. In Posen (Poznań) fanden zum 30. Mal die Artaj Konfrontoj en Esperanto (ArKonEs, zu Deutsch „Kulturelle Konfrontationen auf Esperanto“) statt. Das ist ein Wochenende, dass so vollgepackt ist mit Programm, dass es keine offiziellen Essenspausen gibt. Man muss zwischendurch irgendetwas verpassen.

arkones

Ich wollte jahrelang zu der Veranstaltung, habe es aber nie geschafft, bis es letztes Jahr doch endlich ging… und ich war begeistert! Esperanto-Kulturveranstaltungen haben mich selbst auch immer musikalisch vorangebracht. Deswegen war es keine Frage, dass ich dieses Jahr erneut dorthin fahren würde.

Dieses Jahr habe ich mich nicht auf die große Bühne mit Ukulele gedrängt, dafür aber sogar an beiden Nächten abends als DJ aufgelegt. Dabei entstand eine sehr coole Situation: Ein Afrikaner aus Angola bzw. der Demokratischen Republik Kongo bat mich, ein wenig von der Musik aufzulegen, die er mitgebracht hatte. Da das einige Stunden vor dem Beginn der Disco geschah, war es kein Problem, da mal in Ruhe hereinzuhören. Er empfahl mir einige Lieder, ich notierte, was aus meiner Sicht passte und tanzbar war.

Die Musik erinnerte mich irgendwie an das Lied Zambie / Замбия von der russischen Band Markscheider Kunst / Маркшейдер Кунст aus Sankt Petersburg, auf die ich seinerzeit ebenfalls über Esperanto-Kontakte gestoßen habe. Natürlich hatte ich kaum Ahnung von afrikanischer Musik und mir war klar, dass das natürlich völlig oberflächlich geschätzt war. Trotzdem konnte ich dieses Stück aus meiner Sammlung nicht verschweigen und präsentierte es meinerseits. Es stellte sich heraus, dass nicht nur der Stil passte, sondern dass es sogar in derselben Sprache (Lingála) war, denn die Gruppe hatte damals auch einen kongolesischen Sänger!

Am Ende wurden es „nur“ vier Stücke; diese dauerten zusammen jedoch mehr als 25 Minuten. Das erste ist übrigens auf Esperanto von einer Gruppe, von der ich schon länger ein anderes Lied kenne.

Konga Espero: La bela floro
Sam Mangwana: Suzana
Pepe Kalle: Pon moun paka bouge
Awillo: Carolina

Am besten hat mir „Suzana“ gefallen. Dazu könnte ich noch einige Anekdoten erzählen, ich lasse es aber mal lieber:

Sam Mangwana: Suzana

Jedenfalls habe ich dazu richtig abgetanzt und der Afrikaner war ebenfalls sehr glücklich. Und wieder etwas in Sachen Kultur gelernt!

Angefixt war ich ohnehin schon etwa durch Paul Simon: I Know What I Know, aber das hier waren Originale.

Die beiden Disco-Nächte dauerten beide weniger als zwei Stunden, aber das war für dieses Treffen völlig ok. Schließlich mussten wir jeweils um 2 Uhr den Veranstaltungsort verlassen und bis spät am Abend war sonstiges Programm.

Mit der Ukulele, die ich dabei hatte, habe ich im Flur gespielt, was erneut vielen Leuten gefallen hat. Und ganz nebenbei habe ich noch einige Esperanto-CDs gefunden, von denen ich dachte, dass sie längst vergriffen seien. Zum Teil wollte ich sie verschenken und war nun froh, dass doch noch etwas aus den Geschenken werden würde. So macht das Leben Spaß!

Insgesamt nahmen mehr als 200 Leute aus 24 Ländern teil, darunter auch aus Brasilien und Japan. Es war also schon recht international. Für mich war es toll, alte Freunde wiederzusehen und eine Menge Esperanto-Musik zu hören.

In Polen war ich schon Anfang des Jahres gewesen, aber noch nicht, seitdem das Jahr Auszeit lief. Es war erstaunlich, wie sehr ich mich wie zu Hause fühlte. Gut, ich musste kurz auf eine andere Währung umsteigen, aber meine bescheidenen Polnischkenntnisse funktionierten soweit gut (und außerdem sprechen die Polen zum Teil beschämend gut Deutsch), so dass ich mich auch mit Nicht-Esperantosprechen hinreichend verständigen konnte.

Nur eine Sache bedauere ich: Leider habe ich ganz vergessen, ein Foto machen zu lassen, auf dem ich das Motto „Posen in Posen“ in die Tat umsetze. (Wer hätte wirklich gedacht, ich würde diesen auf der Hand liegenden Wortwitz auslassen?)

Da steppt der Bär

Mit meinen Erzählungen bin ich inzwischen im September angekommen. Am 03.09. half ich der Esperanto-Vereinigung Münster e.V. beim Umzug. (Als Umzugshelfer war ich dieses Jahr ja schon einmal tätig.) Es ging zum Glück nur ein paar Straßen weiter.

Und wie es der Zufall so will, sehe ich vor der Kneipe namens „Berliner Bär“ ein Schild, dass an diesem Abend (wie jeden 1. Mittwoch im Monat) eine offene Bühne stattfinden würde. Bisher hätte das immer mit den Terminen im Flic Flac kollidiert. Aber seit der Zeit nach der Sommerpause ist dort jeden Donnerstag abend offene Bühne.

Nun war ich noch nie im Berliner Bär gewesen. Aber gerade das war ja der Trick: Es ging darum, etwas Neues auszuprobieren! Und was soll ich sagen? Ich wurde sehr freundlich empfangen. Die Leute schauten sehr interessiert auf die Ukulele. Dass ich eine verstärkbare eingepackt hatte, war ein großer Vorteil, denn das sparte langes Herumhantieren mit der Technik.

Zuerst präsentierte ich drei Lieder und nachher zum Abschluss noch einmal zwei. Einer der Gäste verglich meine Stimme mit der von David Byrne, dem Sänger der Talking Heads. Was für ein Kompliment! Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass mir David Byrnes Gesang gar nicht so im Gedächtnis geblieben war, weil mir von den Talking Heads im wesentlichen „Road To Nowhere“ und „Burning Down The House“ präsent waren. Da habe ich gleich noch einen interessanten Musiktipp mitgenommen! Und genau das war ja das Ziel eines solchen Ausprobierens gewesen: den eigenen Horizont zu erweitern.